Geschichten & Gesichter Bayerisch-Schwabens: Sandra Müller

Ein Knopf für alle Fälle

In ihrer Manufaktur in Waldstetten bringt Sandra Müller Knöpfe ins Rollen und Trachtentraditionen zum Leben

Trachten gehören einfach zur bayerischen Tradition. Jede Region in Bayerisch-Schwaben hat einen eigenen Stil und erzählt so ihre Geschichten. Dass das traditionelle Gewand auch mit der Zeit gehen kann, beweist Sandra Müller. In ihrer Manufaktur in Waldstetten bringt sie Knöpfe ins Rollen und Trachtentraditionen zum Leben.

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Bunt, bunter, Sandra Müller. Originalität ist ihr zweiter Name. Trachten und Knöpfe sind ihre Leidenschaft. Die Weiterentwicklung von Tradition ihr Motor. Sandra ist gelernte Maßschneiderin mit Schwerpunkt Tracht, doch gleicht ihre schöpferische Tätigkeit eher der einer „verrückten Hutmacherin“. Mit ihren farbenfrohen Trachten, funkelnden Festtags-Kronen und bunten Knöpfen ist sie selbst ein Gesamtkunstwerk zwischen den vielen Flohmarktschätzen und Sinnsprüchen auf Wand und Tür, die ihre museumsgleiche Schneiderei füllen.

Trachten aus Schwaben & Bayern in allen Varianten

Im beschaulichen Waldstetten im Landkreis Günzburg betreibt Freigeist und Paradiesvogel Sandra seit 2010 ihre kunterbunte Manufaktur, die jeden Besucher ins Staunen versetzt und auf eine Zeitreise vom Rokoko bis in die Moderne mitnimmt. Neben futuristischen Trachten mit Reflektorstreifen oder Muscheln und ausgefallenen Kopfbedeckungen mit Kronkorken und Drahtblumen hat sie sich vor allem auf Posamentenknöpfe spezialisiert. Im 18. Jahrhundert erlebte diese historische Knopfart als textiler Schmuckbesatz ihre Hochzeit – auch in Bayerisch-Schwaben. Vom Augsburger Stern über die speziellen schwarz-karierten Knöpfe aus dem Ries bis zum Krumbacher Knopf waren sie in verschiedenen Variationen an Kleidungsstücken zu finden. An diesen Vorbildern orientiert sich Sandra. Sie kreiert die kunstvollen Accessoires nach traditioneller Herstellungsweise in allen denkbaren Farben und Mustern und hält ganz nebenbei damit die alte Handwerkskunst am Leben – ein überliefertes Wissen, das sie auch in Workshops weitergibt.

Die Fränkin belebt bayerisch-schwäbische Handwerkskunst

Dass es die 41-jährige Fränkin nach Bayerisch-Schwaben verschlagen hat, war eher einer zufälligen Fügung als einem bewussten Plan geschuldet. So wurde ihr noch während des Studiums der Archäologie und Volkskunde in Bamberg bewusst, dass sie Dinge selbst gestalten möchte, mit eigenen Händen etwas erschaffen.

„Ich hatte schon immer Interesse an Menschheits- und Mode-Geschichte, an dem Konzept von Heimat und Identität, aber das Praktische hat mich nie losgelassen.“

Rückblickend kein Wunder, so wurde ihr die Liebe zur Schneiderei bereits in die Wiege gelegt: Iihre Uroma war Schneiderin, ihr Uropa nähte (hessische) Trachtenröcke. Auch ihre Mutter saß oft an der Nähmaschine und bastelte mit Naturmaterialien. „Schon als Kind habe ich kleine Körbe aus Grashalmen und Hüte aus Blättern genäht“, lacht Sandra.

Schillernde Knopf-Unikate auf Märkten der Region

Und so kam eins zum anderen. Sie absolvierte schließlich eine Lehre zur Trachtenschneiderin in der Trachtenkultur-Beratung des Bezirks Schwaben, steckte ihren WG-Mitbewohner und künftigen Lebenspartner mit ihrer Textil-Leidenschaft an und gründete die Kreativwerkstatt „Trachtenpunk“ sowie die Posamentenknopf-Manufaktur. Seither wickelt sie in jeder freien Minute die runden Schmuckstücke. Ihr Freund Markus Frick stellt moderne Varianten der traditionellen Feierabendkappen her, die früher einmal im Ries getragen wurden, natürlich Knopf-verziert. „Ich habe eigentlich für alle Fälle immer eine Knopfwerkstatt dabei“, witzelt Sandra. „Ein ganz kleines Kästchen, wenn ich beispielsweise in einer Arztpraxis warte, ein mittleres, wenn wir mit dem Camping-Bus unterwegs sind, und eben ein großes für daheim.“ Und so lässt die Macherin mit ein paar eleganten Wickelbewegungen auf fast magische Art und Weise in wenigen Minuten aus einem Holzrohling und ein paar Metern Garn ein schillerndes Unikat entstehen. Die Posamentenknöpfe verwandelt sie auch in filigrane Ohrringe, Broschen und Anhänger, die sie als Wunschknopf per Auftrag herstellt und sowohl online als auch beispielsweise auf dem Schwäbischen Trachtenmarkt in Krumbach oder dem Textilmarkt im Augsburger Textilmuseum tim verkauft.

Bodenständiges aus Bayerisch-Schwaben

Zudem liebt sie neben den modischen auch die kulinarischen Traditionen, vor allem ein Gericht hat es ihr angetan: geschmelzte Maultaschen, die ihr Freund mit Zwiebeln anbrät und mit Käse überbackt. Wenn dieser dann in der Küche zu Gange ist, sitzt Sandra mit Feierabend-Krönchen vorm heimischen Kachelofen auf der urigen Eckbank, Knopfhalter-Werkzeug und Garn im Einsatz und besinnt sich ganz bodenständig und zufrieden auf die einfachen, kleinen Momente des Lebens – eine Eigenschaft, die sie mit den Menschen ihrer Wahlheimat gemeinsam hat.

Freizeittipps in Bayerisch-Schwaben von Sandra Müller

Wenn Sandra sich eine Auszeit gönnt, genießt sie die vielen Ausflugsziele in Bayerisch-Schwaben. Mit dem E-Bike fährt sie zum nahegelegenen Günzstausee Waldstetten. Auf dem Günztal-Radweg macht sie am Ufer eine kleine Pause und beobachtet Eisvögel, Störche oder Biber. In Krumbach besucht sie gerne Kunst- und Musik-Veranstaltungen, schlendert zwischen Hürbener Wasserschloss und Stadtpark, wo Kammel und Krumbach zusammenfließen, und erfrischt sich an warmen Tagen in einem der Kneipp-Becken. „Bayerisch-Schwaben hat einfach viel zu bieten, von Kultur bis Natur. Da findet jeder Mensch seinen Wohlfühlort“, meint Sandra. Zu Fuß ist sie auch gerne im Naturschutzgebiet rund um den Grieslesee bei Günzburg und auf dem DonAUwald-Wanderweg unterwegs.

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