Bayerisch-Schwabens Geschichten & Gesichter: Stefan Fuß

Der rasende Visionär

Stefan Fuß betreibt den "Goldenen Stern" im Wittelsbacher Land. Ein Koch und Visionär: zwischen Bodenständigkeit, Tradition und Moderne.

Traditionell, aber mit modernem Twist – dafür steht der Goldene Stern in Rohrbach nahe Friedberg. Stefan Fuß interpretiert bayerisch-schwäbische Gerichte neu und verwendet dafür ausschließlich regionale Produkte von Lieferanten aus der Region.


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Schon von weitem hört man es. Es dauert nur wenige Sekunden, und plötzlich sieht man das Motorrad um die Ecke biegen. Vor dem Gasthaus kommt es zum Stehen. Elegant schwingt sich Stefan Fuß von seinem Bike. Eigentlich hätte er längst hier sein müssen für das Mittagsgeschäft.

„War noch kurz beim Steber Hof, um über die neue Zucht zu sprechen“, sagt er schnell und verschwindet, genauso flink, wie er angekommen ist, in der Hintertür seiner Gaststätte, nebst derer diverse Schilder mit Aufschriften wie „Michelin 2020“ oder „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ die Geschmacksrezeptoren aus dem Schlaf reißen. Über der Eingangstür leuchtet ein Goldener Stern, Namensgeber des Restaurants und das Einzige, was an diesem grauen Tag im September gen Himmel strahlt.

Produkte sind alle handverlesen

Die Zutaten, die er in seiner Küche verarbeitet, sucht der gelernte Koch selbst mit sehr viel Hingabe aus. Selbst die Kräuter sammelt Fuß jeden Morgen im eigenen Garten. Mikrolandwirtschaft ist dabei das Stichwort. So hat er sich in den letzten zehn Jahren ein Netz aus über 20 Lieferanten aufgebaut – alle aus der Region – und ist mit dem Prozess noch lange nicht fertig.

„Wir haben Gärtner und Landwirte, die extra für uns anbauen bzw. züchten und sehr auf das eingehen, was wir brauchen. Am Anfang war das gar nicht so einfach, da wir mit der produzierten Menge dann auch die Woche auskommen müssen.“

Bayerisch-Schwäbische Gerichte mit modernem Twist

Aber genau das macht für ihn den Reiz an seinem Beruf aus. „Man muss experimentierfreudig sein“, sagt er und befördert dabei ein gewaltiges Stück Fleisch auf die Arbeitsfläche – so lang wie sein ganzer Arm, ein Vielfaches so schwer. Er schnappt sich das Messer und fängt an zu filetieren. „Böfflamot“ steht heute auf der Karte, die eine große Vielfalt an typisch bayerisch-schwäbischen Gerichten mit modernem Twist bietet. Eigentlich muss es „Boeuf à la Mode“ heißen, aber ein Bayer benutzt eben seine eigene Sprache. „Das Böfflamot ist schon eine Spezialität des Hauses, egal, ob für Veranstaltungen oder im Menü im Kleinformat, als Würfel oder Lutscher oder einfach auch klassisch mit Gemüse in gerösteter Selleriecreme“, erklärt der Koch und Chef des Traditionshauses, das gerade vor hungrigen Gästen aus allen Nähten platzt – an einem Mittwochmittag!

Ein Gasthof mit langer Familiengeschichte

1903 wurde der Goldene Stern erstmals offiziell dokumentiert, jedoch bestehe der Gasthof in Rohrbach nahe Friedberg eigentlich schon seit 400 bis 500 Jahren, betont der 37-Jährige. Sein Opa sei der erste Besitzer aus der Familie gewesen.

„Früher hatten wir sogar noch einen Bauernhof, aber mit zunehmender Industrialisierung haben wir uns dann ganz auf die Gastronomie fokussiert und die Landwirtschaft stillgelegt. Als kleiner Bub bin ich hier aufgewachsen.“

Nach zahlreichen Jobs in namenhaften Restaurants in München, London und Friedberg übernahm Stefan Fuß 2012 das Geschäft komplett und baute erstmal alles um, von der Außenfassade über die innere Struktur bis hin zur Vinothek, die 2017 dazukam. Dennoch ist es nach wie vor ein Familienbetrieb und alle helfen tatkräftig mit.

Traditionell aber neu gedacht

Im oberen Bereich wirkt alles sehr traditionell, während die Vinothek vor Moderne strotzt. Komplettiert wird das Konzept durch den Weinkeller sowie den großzügigen Biergarten, in dem Fuß Biersorten anbietet, die er eigens zusammen mit einer Mikrobrauerei kreiert hat. Stefan Fuß verarbeitet in seiner Küche immer das komplette Produkt. Kartoffelschalen beispielsweise werden zum Fond ausgekocht, der Rest zu Pulver getrocknet. Traditionell bayerisch-schwäbisch soll es sein – aber nicht, ohne dabei mit der Zeit zu gehen. So werden die typischen Schweinebacken auch mal mit süßen Zwetschgen serviert. „Ich finde, dass die Bayerisch-Schwaben die modernen Bayern sind“, sagt er. „Andere Regionen sind eher traditioneller. Deshalb setzen wir auf Modernität in der bayerischen-schwäbischen Küche.“

Zum Ausgleich in die Natur

In seiner Freizeit tauscht er sein scharfes Messer gerne gegen zwei Reifen – sowohl die mit Motor als auch jene ohne – Reiseziele in Bayern gibt es genug. Oft ist er mit seinem Fahrrad am Paardurchbruch unterwegs, eine weiteres idyllisches Ausflugsziel in Bayerisch-Schwaben im Wittelsbacher Land.

Und so vergeht ein langer Tag. Es ist kurz vor 23 Uhr. Mit einem glücklichen Seufzer bindet sich Stefan Fuß die Schürze ab. Sein Tag begann um 6 Uhr, so wie fast alle Tage – Termine mit Lieferanten, Besprechungen und das wichtigste: kochen. Wie kann er jetzt noch aufrecht in seiner Küche stehen – und das mit einem breiten Lächeln im Gesicht? „Es sind die Gäste“, schwärmt er, „wenn diese zufrieden sind, dann bin ich es auch. Visionen zu haben, ständig neue Sachen zu etablieren, neue Gerichte zu zaubern – das ist der Motor, der mich stetig antreibt.“

Freizeittipps von Stefan Fuß

In seiner Freizeit tauscht Stefan Fuß sein scharfes Messer gerne gegen zwei Reifen – sowohl die mit Motor, z.B. beim Besuch in den nahem Städten Aichach oder Friedberg als auch jene ohne – Reiseziele in Bayern gibt es genug. Oft ist er mit seinem Fahrrad am Paardurchbruch unterwegs, ein weiteres idyllisches Ausflugsziel in Schwaben, wo man wunderbare Erlebnisradtouren unternehmen kann. Auch einen Besuch des Steber Hofs empfiehlt er seinen Gästen. Hier sehen sie, wie die Tiere heranwachsen, in frischer Luft und mit tollem Futter. Zusammen mit dem Metzger aus Ried macht er auch Grillseminare.

 

 

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